Versicherung muss für Betriebsschließung zahlen

Urteil Landgericht München vom 22.10.2020

Gastwirt gewinnt und die Versicherung muss zahlen

Kürzlich hat das Landgericht München I entschieden, dass ein Gastwirt – der aufgrund der Corona-Pandemie gezwungen war zu schließen – von seiner Versicherung eine Entschädigung in Höhe von 427.169,86 Euro erhält.

Der Fall

Das Gasthaus “Augustiner-Keller” war am 21. März 2020 vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (Gesundheitsministerium) per Allgemeinverfügung geschlossen worden. Das Gasthaus durfte ab Mitte Mai wieder geöffnet werden. Der Gastwirt hatte Anfang März gerade im Hinblick auf die Pandemie eine Betriebsschließungsversicherung bei der Bayerischen Versicherungskammer abgeschlossen. Diese verweigerte jedoch die Leistung. Unter anderem mit der Begründung, der Wirt hätte zunächst gegen die Anordnung des Ministeriums vorgehen müssen. Der Versicherer argumentierte auch, dass Covid-19 nicht von der Liste der versicherten Krankheiten umfasst sei und begründete dies damit, dass seine Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) auf das Infektionsschutzgesetz (IfSG) verweisen.

Das LG München I hat der Klage weitgehend stattgegeben.

Nach Ansicht des Landgerichts besteht eine Leistungspflicht der Versicherung. Dabei komme es auf die Rechtsform und die Rechtmäßigkeit der Anordnung für die Einstandspflicht der Versicherung nicht an. Dass das Coronavirus nicht im Betrieb der Klägerin aufgetreten sei, stehe dem Anspruch ebenfalls nicht entgegen, denn nach den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) sei allein maßgeblich, dass der Betrieb aufgrund des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) geschlossen wurde. Der Betrieb der Klägerin sei auch vollständig geschlossen gewesen, ein – rechtlich zulässiger – Außerhausverkauf war der Klägerin nicht zumutbar. Ein Außerhausverkauf stelle, wenn er für den Restaurantbetrieb lediglich ein vollkommen untergeordnetes Mitnahmegeschäft sei, keine unternehmerische Alternative dar, auf die sich der Versicherungsnehmer verweisen lassen müsse.

Der Versicherungsumfang wurde – entgegen der Ansicht der beklagten Versicherung – nicht wirksam eingeschränkt, denn die von der Beklagten in § 1 Ziffer 2 AVB verwendete Klausel sei intransparent und daher unwirksam. Dem Versicherungsnehmer müsse, wenn der Versicherungsschutz durch eine AVB-Klausel eingeschränkt werde, deutlich vor Augen geführt werden, in welchem Umfang Versicherungsschutz trotz der Klausel bestehe. Diesen Anforderungen werde § 1 Ziffer 2 AVB nicht gerecht. Denn der Versicherungsnehmer gehe auf Basis des Wortlauts der AVB davon aus, dass der Versicherungsschutz dem Grunde nach umfassend sei und sich mit dem IfSG decke und in § 1 Ziffer 2 AVB eine bloße Wiedergabe der gesetzlich erfassten Krankheiten und Krankheitserreger erfolge. Dass die Auflistung der Krankheiten und Krankheitserreger in § 1 Ziffer 2 AVB jedoch im Vergleich zum IfSG unvollständig sei, sei für den Versicherungsnehmer nicht naheliegend, denn eine klare und deutliche Formulierung wie zum Beispiel „nur die folgenden“, „ausschließlich die folgenden“ oder „diese Auflistung ist abschließend“ enthalte die Klausel nicht. Um den wahren Gehalt des Versicherungsschutzes zu erfassen, müsste der Versicherungsnehmer letztlich die Auflistung in § 1 Ziffer 2 AVB Wort für Wort mit der aktuellen geltenden Fassung des IfSG vergleichen. Eine Klausel, deren Tragweite nur durch den Vergleich mit einer gesetzlichen Vorschrift erkennbar werde, die der durchschnittliche Versicherungsnehmer dieser Versicherung nicht kenne, sei jedoch intransparent.

Im Hinblick auf die Höhe der zu zahlenden Entschädigung seien weder Kurzarbeitergeld noch staatliche Corona-Liquiditätshilfen anspruchsmindernd zu berücksichtigen, da es sich hierbei nicht um Schadensersatzzahlungen gerade für die Betriebsschließungen handele.

Das Urteil

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

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